Bereits im Jahre 1651 als Textilmanufaktur „Paapsche Strumpffabrik“ in Altona gegründet, beginnt die Geschichte der Sternwoll-Spinnerei auf diesem Territorium an einem Tag Ende des 19. Jahrhunderts. Zehn Jahre nach dem Tod des damaligen Fabrikbesitzers Johann Carl Semper, siedelt der nachkommende Sohn Johann Carl Semper im Jahre 1891 auf dieses Areal um. Im Zuge der von England ausgehenden industriellen Revolution, beauftragt der Fabrikbesitzer seinen Onkel Gottfried Semper, den renommierten Architekten und Erbauer der Semperoper Dresden, mit dem Bau der modernen Dampfmaschinenfabrik. In Mitten der neu errichteten Industrieanlage ragt das Kesselhaus zur Erzeugung der Dampfkraft mit dem nebenstehenden Schornstein heraus: Fortan werden die Wollgarne per Dampfkraft betriebener Spinnmaschinen hergestellt. Über die neue Industriebahn wird das Werk an das Verkehrsnetz der Eisenbahn und den Altonaer Hafen angeschlossen. Unterdessen ist aus der einstigen Textilmanufaktur ein industrieller Großbetrieb entstanden, der in den Folgejahren weitere Fabrik-, Lager- und Kontorgebäude folgen lässt. In der maschinellen Wollgarnfabrikation sind 300 Arbeiterinnen und Arbeiter beschäftigt.
Industrielle Revolution verändert die Welt Im Jahre 1897 wird die Firma in den Textilgroßkonzern "Norddeutsche Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei, Bremen" eingegliedert. Im Rahmen weiterer Modernisierungen und Betriebserweiterungen entstehen ein neues Maschinenhaus mit einer leistungsstärkeren Dampfmaschine, ein Färbereigebäude sowie ein Neubau für die Betriebsbereiche Bleicherei, Facherei, Zwirnerei, Weiferei, Spulerei und Haspelei. Im Jahre 1914 folgt ein erster Stromanschluss an das Elektrizitätswerk Unterelbe und der Bau einer eigenen Transformatorenstation. Mittlerweile ist die Belegschaft auf 1.000 Arbeitskräfte angewachsen. Während des Ersten Weltkrieges (1914 bis 1918) kommt die Fabrik fast zum Erliegen, ehe nach Kriegsende die starke Nachfrage nach Wollgarnen einen weiteren Ausbau der Fabrikation bedingt. Ab dem Jahr 1920 expandiert das Werk weiter und firmiert unter dem Namen "NW&K, Sternwollspinnerei Bahrenfeld". 1925 wird ein repräsentatives Kontorgebäude (heutiges Gebäude 22) mit einem eindruckvollen Werkstor errichtet. Zur gleichen Zeit erfolgt die vollständige Umstellung der Produktionsmaschinen auf elektronischen Antrieb, was die Ära der Dampfmaschinenproduktion beendet.
Sternwolle erlangt Weltruhm Nach der Weltwirtschaftkrise im Jahre 1931 schließen sich im Jahre 1932 die "Sächsische Wollgarnfabirk" (vormals Tittel&Krüger) und die Sternwollspinnerei Bahrenfeld als "Wollgarnfabrik Tittel&Krüger und Sternwoll-Spinnerei AG" zusammen. Unter den Marken Stern, Schwan und Taube erreicht die Wollgarnerzeugnisse auf Basis von Zephir-, Kaschir- und Mohairwolle weltweiten Ruhm. Während des Zweiten Weltkrieges wird die Produktion auf die Herstellung von Granaten umgestellt, da die Wollgarnproduktion angesichts der Rohstoffverknappung einbricht. Durch die Bombardierungen Hamburgs in den Kriegsjahren 1940, 1943 und 1945 werden zahlreiche Gebäude beschädigt und zerstört. Nach dem Wiederaufbau der Fabrik in Betonskelettbauweise erlebt die Sternwoll-Spinnerei einen neuen Aufschwung. So titelt zum 300-jährigen Firmenjubiläum im Jahre 1951 der Altonaer Lokalanzeiger: "Ein Wollknäuel rollt durch die Welt." In dem Jahr verlassen drei Millionen Kilogramm Wolle die Sternwoll-Spinnerei in alle Herren Länder. Die Firmengeschichte reicht noch bis in die 1960er Jahre hinein. Zu der Zeit bricht mit der Sternwoll-Spinnerei ein Großteil der einheimischen Textilindustrie infolge der Produktionsverlagerung in Billiglohnländer zusammen. Mit dem Konkurs Ende der 1960er Jahre schließt sich das letzte Kapitel der Wollgarnfabrik, die als „Sternwolle“ einst Weltruhm erlangte.
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